Das Wort zum Sonntag – Palmsonntag

Liebe Pfarrgemeinde!

Mit der Feier des Palmsonntags treten wir ein in das Geheimnis der Heiligen Woche, in der wir das Gedächtnis von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu begehen. Seit dem Aschermittwoch haben wir uns auf diese Tage vorbereitet. So können wir innerlich vorbereitet mit Jesus in Jerusalem einziehen, wo sich unsere Erlösung vollzieht. Als König betritt Jesus seine Stadt, als König stirbt er am Kreuz. Wir sehen Jesus, den König, der auf einem Esel in seine Stadt Jerusalem einzieht; wir sehen Jesus als Herr und Meister, der sich erniedrigt und seinen Jüngern die Füße wäscht; wir sehen Jesus als Gott, der sich verspotten und ans Kreuz nageln lässt. Das Kontrastbild zu einem Leben, das sich selbst zu wichtig nimmt, dürfen wir an diesem Sonntag und in dieser Karwoche betrachten.

In der Lesung aus dem Philipperbrief heißt es: „Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein“ (Phil 2,6). Jesus nimmt sich selbst und seine Gottheit nicht so wichtig, sondern macht sich klein, wird zum Diener aller. Seine Erniedrigung geht so weit, dass er nicht nur mit kranken und sündigen Menschen am Tisch sitzt, sie geht so weit, dass er für sie am Kreuz sein Leben hingibt. Jesus macht sich nichts aus seiner Gottheit, weil er weiß, dass die Menschen mit einem Gott nichts anfangen können. Welche Wichtigkeit hat schon eine Gottheit, die irgendwo weit weg im Himmel thront, für unser Leben? Ist es nicht gut und schön, dass es einen solchen Gott gibt – aber mit unserem Leben hat er nicht wirklich viel zu tun! Gott im Himmel und wir Menschen auf dieser Erde. Dieses Verständnis der kompletten Trennung zwischen Gott und Welt hat jahrhundertelang das religiöse Leben der Menschen geprägt.

Jesus hat dieses uralte Konzept durchbrochen. Er hat sich selbst nicht so groß gemacht, damit wir Menschen umso größer sein können. In Jesus ist Gott zu uns auf die Erde gekommen und hat sich bis zum Tod am Kreuz erniedrigt. Nicht um seiner selbst willen hat er das gemacht. Für uns hat Jesus gelebt, für uns Menschen sich klein gemacht, um unseres Heiles willen ist er gekommen. Das feiern wir in diesen Tagen wieder in besonderer Weise, wenn wir seines Todes und seiner Auferstehung gedenken. Was sich am Karfreitag auf Golgota ereignet, das ist die größte Bekräftigung seiner Liebe, die uns gilt. Das ist die Zusage Gottes an uns: Mensch, mach dich nicht kleiner, als du bist. Auch wenn wir uns klein fühlen, weil wir unter einer schweren Krankheit leiden, weil wir menschenverachtenden und kriegerischen Mächten ausgeliefert sind, weil wir von der Gesellschaft ausgestoßen und verachtet sind. Weil Gott sich in Jesus Christus für uns klein gemacht hat, dürfen wir groß sein. Gott hat uns sein Heil geschenkt, er hat sich in Jesus für uns hingegeben. Deshalb haben wir allen Grund, unsere wahre Größe zu zeigen. Eine Größe aber, die sich gerade im Dienst am Nächsten zeigt, die da besonders deutlich wird, wo wir uns selbst zurücknehmen, um IHN groß werden zu lassen.

Sepp Krasser