Das Wort zum Sonntag – 3. Sonntag der Osterzeit

Liebe Pfarrgemeinde!

Nach den Osterfeierlichkeiten hat für viele Menschen der Alltag wieder begonnen. Es dauert oft nicht lange, da gehen wir nach Erlebnissen, nach Festen oder besonderen Tagen wieder zur Tagesordnung über. Das ist im Grunde ganz normal. Denn wir brauchen die besonderen Tage. Aus ihnen schöpfen wir Kraft. Sie haben uns aus dem alten Trott ein wenig herausgeholt, aus der Langeweile oder aus der Routine des Alltags. Vielleicht hat sich ein wenig der Horizont erweitert.

Auch für die Apostel heißt es: zurück in den Alltag! Nach den Ereignissen in Jerusalem fliehen sie nach Galiläa, eben dorthin, wo sie zu Hause sind. Den Abschied von ihrem Freund Jesus mussten sie miterleben, seine grausame Hinrichtung am Kreuz und seine Grablegung. Das alles hat sie strapaziert und mitgenommen; das alles versuchen sie jetzt einmal zu verarbeiten. Jetzt sind sie wieder in ihrem Alltag angekommen. Dort, am See Genesareth, wo Jesus sie seinerzeit beim Fischen in seine Nachfolge gerufen hat, schließt sich nun der Kreis. Dort, am Ufer des Sees, hat die ganze Geschichte mit Jesus begonnen.Und dort endet sie auch, dorthin kehren auch wir - so im letzten Kapitel des Johannes-evangeliums - mit den Jüngern wieder zurück. Alles ist also wieder auf Neubeginn ausgerichtet. Die Apostel nehmen wieder ihre Arbeit auf, mit der sie früher ihren Lebensunterhalt verdient haben. Sie sind wieder Fischer, wie sie es eh und je waren. Sie sind wieder im alltäglichen Trott, sie fahren wie früher auf den See hinaus zum Fischen. Alles ist wie immer.

Und doch: der Alltag der Jünger ist nicht mehr so, wie er vorher war. Der Alltag ist verwandelt. An zwei Stellen im Evangelium dieses Sonntags wird dies, so meine ich, deutlich.

Erstens: Die Jünger wollen weitermachen, wo sie aufgehört haben, als Jesus sie gerufen hat. Sie steigen in das Boot, fahren auf den See hinaus und werfen ihre Netze aus. Doch diese bleiben leer. In dieser Nacht fangen sie nichts. Der See ist wie leergefischt. Nein, das ist nicht mehr wie früher, als sie Tag für Tag viel gefangen haben. Ihre Enttäuschung und Resignation wachsen dadurch scheinbar ins Unermessliche.

Und ein Zweites: Die Jünger wollen ihren Alltag zurück, wie er früher war. Einen Alltag, in dem Jesus keinen Platz mehr hat. Wie denn auch? Er ist ja in Jerusalem gestorben. Sie flüchten vor dem , was war und suchen in Galiläa den Neuanfang. Doch diesen Alltag bekommen sie nicht zurück.

Denn plötzlich steht Jesus am Ufer und ruft sie. Wie aus dem Nichts taucht der Auferstandene in ihrem Leben auf und hält mit ihnen Mahl. Der, den sie verdrängen wollen, drängt sich plötzlich wieder in ihr Leben, mischt sich in ihren Alltag ein und ruft ihnen von Neuem zu: „Folge mir nach!“

Wie hat sich unser Leben, unser Alltag, durch Ostern verändert? Geht es über-haupt noch, da weiterzumachen, wo man vor den Ostertagen aufgehört hat? Der Versuch der Jünger, nach den Erfahrungen in Jerusalem ihr altes Leben wieder aufzunehmen, scheitert. Sie können Jesus nicht zurücklassen, als wäre nichts gewesen. Den Alltag wie früher, den gibt es nicht mehr.

Der Auferstandene bleibt bei ihnen, geht ihre Lebenswege auch weiterhin mit, erfüllt ihren Alltag mit seinem österlichen Licht.

Ja, dieses Leben ist von nun an verwandelt, denn es besitzt die zuverlässige Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Dieser Alltag der Jünger ist erfüllt von der Gewissheit, dass der auferstandene Herr mitten unter ihnen ist, mit ihnen Brot bricht und sie auch weiterhin in seiner Nachfolge haben will.

Und ergeht es nicht auch uns so? Wenn wir an unseren alten Platz zurückkehren, sind wir doch nicht mehr dieselben, die wir früher waren. Ostern hat unser Leben, hat unseren Alltag nachhaltig verwandelt. Da ist nicht mehr die alte Angst vor dem Tod, der das Leben endgültig vernichtet. Da ist nicht mehr die lähmende Resig-nation, weil Jesus mit seiner „Frohen Botschaft“ letztendlich gescheitert ist. Da ist nicht mehr die Frage, wie es weitergehen soll an den Bruchstellen und Verwund-ungen des Lebens. Der Auferstandene selbst ist es, der sich in unser Leben drängt, der uns bewusst macht, dass unser alltägliches Leben nun eine österliche Qualität besitzt. Unser menschliches Leben ist nicht mehr wie früher, die Flucht zurück in die alten Gewohnheiten misslingt.

Die Flucht zurück muss notwendigerweise scheitern, weil Christus wirklich von den Toten auferstanden ist, weil er für uns das neue Leben begründet hat und weil er unser Leben ist in Ewigkeit.

Die Osterzeit ist nicht vorbei. Jesus ist auferstanden. Er ist in unserem Leben da. Ostern ist immer.

Sepp Krasser