Das Wort zum Sonntag – 5. Sonntag der Osterzeit

Liebe Pfarrgemeinde!

Das Evangelium dieses Sonntags beginnt mit einer Beruhigung: „Euer Herz erschrecke nicht.“ Gerichtet sind diese tröstenden Worte an die verun-sicherte Gemeinde damals. In den Fragen der Jünger kommen Sorgen und Probleme der Gemeinde und auch die Einwände der Gegner zur Sprache. In seinen Abschiedsreden bereitet uns Jesus darauf vor, dass er die Welt verlässt, um zum Vater zu gehen. Die entscheidende Frage für die Gemeinde war die Frage nach dem „Wohin“ Jesu. Wohin ist Jesus gegangen? Wie kommt man dorthin, wo er ist, oder anders: Wie kann man jetzt, während seiner (leiblichen) Abwesenheit, in Beziehung zu ihm treten, Gemeinschaft mit ihm haben?

Jesus sagt: „Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten.“ Jesus geht uns voran und bereitet uns ein Zuhause vor. Aber Achtung: In seines Vaters Haus sind viele Wohnungen, sagt, Jesus. Ich werde dieses neue Zuhause mit vielen anderen teilen. Auch mit Menschen, die anders denken, glauben, leben als ich. Die eine andere Sprache sprechen. Und wie kommen wir dorthin? An der Beantwortung dieser Frage hängt die ganze Existenz als Glaubende. Thomas, der kritische Geist, will über den Weg Jesu genau Bescheid wissen. Jesus verweist auf sich selbst als Weg. Für die Gemeinde gibt es keinen Weg zum Vater als jenen über Jesus. Denn der Weg Jesu ist auch ihr Weg. Wenn der Weg Jesu nicht zum Vater führt und er nicht beim Vater ist, hat ihr Glaube kein Fundament. Auf die Frage des Thomas nach dem Weg - stellvertretend für alle - antwortet Jesus: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“

Weg bedeutet Orientierung, Festigkeit, Gewissheit. Das schenkt Jesus dem, der glaubt, und zwar er allein. Oft genug haben sich Menschen als seine Sachwalter ausgegeben. So, als ob sie die Wahrheit gepachtet hätten. So, als ob sie die Schlüssel des Lebens verwahrten. Doch: Wer Jesus sieht, sieht den Vater!

Jesus geht zum Vater, um für uns eine Wohnung zu bereiten. Das könnten wir auch als Hinweis auf das Leben nach dem Tod nehmen, aber es steckt viel mehr darin: Gott wohnt überall da, wo man ihn einlässt! Jeder Mensch ist sein Wohnort, er ist da anzutreffen, wo die Liebe und die Güte wohnen. Gute Worte, gesprochen von einem Gegenüber, dem wir vertrauen, sind die Grundlagen unserer Beheimatung. Einen solchen Platz hat Jesus für uns vorbereitet, durch sein Leben, sein Vorbild und Beispiel. Dabei geht es nicht nur um die eigene Innerlichkeit und Frömmigkeit; wir sind eingeladen, wohl auch viele Menschen ins Herz zu schließen, sie aufrichtig zu lieben und für sie zu sorgen.

In der Apostelgeschichte wird die Not beschrieben, dass die Apostel keine Ressourcen mehr haben, sich um die Witwen der „Urgemeinde“ zu küm-mern. Auf einer Gemeindeversammlung machen die Apostel den Vor-schlag: Wir sehen uns jetzt nach Menschen um, die sich um die Versorgung der Witwen kümmern können. Und siehe da: sie werden gefunden! Wir werden zu Zeugen eines Wunders: Die Menschen, die jetzt gewählt werden, sind die ersten Diakone. Sie werden mit Gebet und Handauflegung beauf-tragt und gesegnet.

Hier schließt sich für uns heute ein Kreis: Menschen, die füreinander da sind, füreinander einstehen, füreinander Sorge tragen; das sind die leben-digen Steine, die die Wohnungen schön machen für Mensche

Entscheidend ist, dass wir das Wort Gottes nicht nur hören, sondern unser Leben danach ausrichten. Dann dürfen wir erfahren, dass Gott der Vater und Jesus Christus bei uns Wohnung nehmen in unserem Herzen.

Ihr Pfarrer