Das Wort zum Sonntag – 23. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Pfarrgemeinde!

Viele Jahre lang habe ich eine betagte Dame besucht. Aufgrund ihres hohen Alters konnte sie sich nur noch in ihrer Wohnung bewegen. Die Beine wollten nicht mehr so richtig und mit dem Sehen hatte sie auch große Probleme. So etwa alle 14 Tage stattete ich ihr meinen Besuch ab. Wir beteten gemeinsam und dann reichte ich ihr die Kommunion.

Im Anschluss daran haben wir immer ein wenig geplaudert. Sie war eine gute Erzählerin, die alte Dame. Mit der Zeit lernte ich ihr langes Leben kennen und verstehen. Sie erzählte manchmal so packend, dass ich manches Ereignis miterleben konnte. Und sie erlebte es noch einmal gemeinsam mit mir.

Von einem tiefen Glauben war sie geprägt. Vor dem Sterben hatte sie keine Angst. „Ich weiß ja wo ich hingehe!“, sagte sie manchmal, oder: „Warum sollte ich Angst haben vor dem Nach-Hause-Gehen?“

Einmal brachte ich ihr einen kleinen Stoffteddy. Wahrscheinlich den letzten, den sie in ihrem Leben bekommen würde, dachte ich. Sie hat sich riesig darüber gefreut. Ab nun waren wir bei ihren Ausflügen in die Vergangenheit zu dritt.

Manchmal sah es so aus, als ob es ans Sterben ginge. Aber immer wieder hat sie sich erholt. Sie war ein richtiges Stehaufmännchen.

Eines Tages aber rief mich die Hauskrankenschwester an. Es wäre wohl in den nächsten Stunden soweit. Aber die Patientin sei sehr unruhig. Tatsächlich fand ich sie dann auch so vor. Und ich habe schnell kapiert: man hatte ihr den Teddy aus dem Bett genommen und auf's Sofa gesetzt. Ich gab ihn ihr wieder. Sie griff sofort nach ihm und eine große Ruhe kam über sie. Sprechen konnte sie nicht mehr. Nur mehr fühlen. Und in diesem Augenblick war der kleine Teddy viel mehr als ein Stück Stoff oder Fell. Es waren alle unsere Gespräche darin. In ihm war Trost. Vielleicht war er eine Brücke zum Himmel, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die alte Dame sehr ruhig hinüber gegangen ist. Und ich weiß, dass sie keine Angst gehabt hat. „Warum sollte man auch Angst haben vor dem Nach-Hause-Gehen?“

Ihr Pfarrer